Ich hatt' einen Kameraden

Ja, ich hab den Beitrag vorgezogen - weils etwas ist, was aktuell ist - und ich für mich abschliessen möchte. Es ist aktuell Freitag, 1.2.19 - kurz nach 19 Uhr. Da gabs ja letztens meinen Beitrag

über die Vergänglichkeit des Seins


beim Schreiben dessen ich noch nicht daran dachte, dass mein Cousin bei der Feuerwehr war.

Als ich mich einparkte beim Friedhof fiel mir zwar auf, dass sich ein Feuerwehrauto quer zu den bereits parkenden hinstellte, aber ich dachte mir noch immer nichts dabei. Erst, als die Musik von draussen ertönte - und beim rausgehen 5 Feuerwehren mit Blaulicht vis-a-vis standen, kam alles wieder hoch.

Hatte sich der Pfarrer redlich bemüht, keine Emotionen hochkommen zu lassen - schafften es die Feuerwehrmänner binnen Sekunden, alles wieder wach zu rufen, was über 47 Jahre vergraben war - damals wars ein Militärbegräbnis - heute eines eines Feuerwehrkameraden.

Ich gestehe, der Pfarrer faszinierte mich - nicht nur,  dass er schwer verständlich war - es gab kein einziges persönliches Wort - nur die üblichen Phrasen und Gebete. Die Messe war absolut unemotional - und unpersönlich. Seine Gesten wirkten einstudiert und gekünstelt.

Und auf einmal ging er - und ließ die Feuerwehrmänner stehen - und die Trauergäste sitzen. Es dauerte ewig, bis dann das Ave Maria aus den Lautsprechern begann. Aber auch das war nichts, was in mir irgendwelche Emotionen wachgerufen hätte.

Ab dann wurde es warm und emotional - die Musiker der Feuerwehr - die Einsatzfahrzeuge mit den Blaulichtern - die Männer, die vor dem vorbei fahrenden Sarg salutierten - die Kollegen, die den Trauerzug anführten - bis hin zum Grab, wo sie ihm noch die letzte Ehre erwiesen - das alles war echt und ergreifend

Wie damals die Soldaten und Offiziere der Milak in der Ausgehuniform hinterm Grab standen, um sich von meinem Bruder zu verabschieden - standen heute die Feuerwehrkollegen, um sich von meinem Cousin zu verabschieden.


Als DAS Stück begann, donnerte es und es kam ein heftiger Wind auf - es wurde nicht nur in meinem Herzen und meiner Seele kalt - auch überhaupt und ausserdem. Ich war danach auch nicht wirklich aufgelegt, noch auf nen Kaffee zu meiner Cousine mit zu kommen - ich wollte nur mehr weg.

Gottseidank ging es meiner Tochter ähnlich - und wir flüchteten uns in ein Restaurant, wo wir uns in einer Ecke verkrochen, um das Begräbnis - und die hervorgerufenen Emotionen reflektieren - und Abstand gewinnen - konnten.

Danach gings heim - noch schnell etwas einkaufen - und jetzt bin ich bereit, die Flut der Erinnerungen und Emotionen zu zu lassen - die von damals - und die von heute.


Lieber Kurti,

wir hatten in den letzten Jahren nicht mehr so viel Kontakt - aber ich erinnere mich noch gerne an unsere Kindheit und Jugend, wo es für mich immer schön war, zu euch fahren zu dürfen.

Ihr ward immer eine glückliche Familie - alle waren so viel positiver, als ich es von zu Hause kannte. Und ihr hattet ein Haus und einen Garten - wo wir Kinder spielen konnten, ohne Angst zu haben, dass wer auf die Strsße läuft und überfahren wird.

Bei euch im Garten, das bedeutete für mich Freiheit - und zu der Zeit des Fotos ward ihr für mich auch so ne Art - Tor zur grossen weiten Welt - bei euch waren auch immer wieder Jungs aus der Nachbarschaft, mit denen ich reden durfte ;-)

Zu Hause schwang immer die Erinnerung an den frühen Tod meines Bruders mit - vor allem bei meiner Mutter war seither immer alles tragischer wie vorher - aber bei euch lebte auch sie etwas auf - und das Leben war so viel leichter.

Nun wünsche ich dir, dass Dein Leid vorbei ist - und es jetzt leicht und locker ist, wo du jetzt bist. Und wenn du meine Brüder siehst, knuddel sie von mir - und meinen Vater - und deinen Vater - so viele schöne Erinnerungen.

Ich verspreche auch dir - hier und jetzt - ich werde mein Leben geniessen - solange es dauert - auch dir - auch euch - zur Ehre und zum Andenken.

Hab dich lieb - ruhe in Frieden

In memorian Kurti und Onkel Kurt, der bereits 2014 von uns ging

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