Mein Outing - Todessehnsucht versus Lebensfreude
Ich bin da ja auf einer Plattform, wo es um unterschiedlichste Fragen geht - und ich gestehe, ich liebe sie, weil immer wieder etwas dabei ist, wo ich gerne - und teilweise auch ausführlich - darauf antworten kann. Grad eben habe ich eine Antwort auf eine Frage geschrieben - und danach wurde mir bewusst, dass das eigentlich eins der Dinge ist, über die ich - in der Form - noch nie öffentlich geschrieben habe.
Und da dies hier ja meine private TherapieStube ist, werde ich das Thema auch hier noch etwas aufgreifen - achja, die Frage lautete:
Was ist eine Sache für die Du am Leben bleibst?
Selbstverständlich kannst du dort auch meine Antwort nachlesen ;-)
Mir wurde durch diese Frage erst so richtig bewusst, dass auch das ein großer Bereich meines Lebens war, den ich gemeistert habe - ohne dass ich bewusst daran gearbeitet hätte.
Ich weiß nicht, wann es begann, dass ich daran zweifelte, ob ich überhaupt leben möchte - weil ich kann mich an die ersten ca. 14 Jahre meines Lebens nicht erinnern - also nur ausschnittsweise - an das, was in Trance und Rückführung und bei Aufstellungen und während einiger Sitzungen KörperArbeit - so hoch geploppt war im Laufe der Jahre, seit ich mich mit diesem meinem ganz persönlichen BlackOut auseinander setze.
Wobei ich aber auch weiß, dass ich zu Zeiten, wo normale Menschen in die Pubertät kommen - noch immer das angepaßte und brave Mädchen war - und in dieser Zeit hatte ich auch nicht wirklich darüber nachgedacht, ob ich leben möchte.
Das war die Zeit der ersten Liebe - das Kribbeln im Bauch - die Schmetterlinge - das wohlige Gefühl, wenn ich das Gefühl hatte, dass meine Gefühle in irgend einer Form erwidert wurden. Wobei es mein erster "Lover" - nein, war er nicht, weil wir hatten keinen Sex - aber er war der erste, wo wir weiter gingen als nur eine flüchtige Berührung.
Das war so ein Moment, den ich nie vergessen werde - als wir auf der Dachterasse des Hotels sassen, in dem wir bei dieser Studienwoche in Ialien untergebracht waren - herum schmusten und auch bissale fummelten - und er dann meinte - "Behalte dir deine Unschud, solange du kannst - das ist so etwas Wertvolles, was man erst zu schätzen weiß, wenn es weg ist."
Ich würde jetzt mal sagen - ca. 6 Jahre später dachte ich wieder daran - damals, als ich auf dem Eisbärenfell vorm offenen Kamin lag - mit nem Glas Rotwein in der einen - und der Zigarette in der anderen Hand - wissend, dass in Kürze wieder einer der alten Knacker sich wieder mal mit mir vergnügen wollen würde.
Ich schreibe hier von ca. 70jährige Männern mit ca. 50jährigen Ehefrauen, die sich weit weit jüngere Pärchen einluden - sie vorzüglich bewirteten - ihnen ein Luxuswochenende boten - mit Sauna und Swimmingpool - und viel Spaß und Lust - zumindest für jene, die auf solche Vergnügungen stehen - wozu ich eigentlich nie gehörte - im Gegenteil - alte Männer waren mir immer zuwider - könnte den Ursprung in dem Teil meines Lebens haben, der sich hinter der Mauer des Vergessens versteckt.
Aber damals hatte ich diese meine Unschuld schon lange verloren - auch den Willen, so weiter zu leben - mit täglichen 3 Päckchen Zigaretten - einiges an alkoholischen Getränken - mehrmals täglich - nur die Reste von den Hipp Gläsern essend, die mein Kind übrig ließ - und Kaffee - viel Kaffee - um mich irgendwie wach zu halten.
Stimmt - ich wollte nicht mehr - mir war alles egal - bis zu diesem Zeitpunkt damals - an dem ich beschloss, dass es das jetzt war - ansonsten würde ich wahrscheinlich nicht mehr lange überleben. In dieser Situation fasste ich neuen Mut - und den Entschluss, doch nochmals reumütig zu meinen Eltern zurück zu kehren, sofern sie sich darauf einlassen würden.
Jahre später hatte ich einen liebevollen Ehemann, der den Eindruck erweckte, keiner Fliege ein Haar krümmen zu wollen - und zu können. Stimmt - hätte er auch nie getan - aber er war eine gute Nachfolge meiner Mutter - die mich immer klein gehalten hatte und mir erklärte, wie ich zu leben habe - und was eine gute Ehefrau sei.
Er erklärte mir eben, dass ich ja noch nie gelernt hatte, "richtig" zu Essen - also bezüglich Gewürzen und so - und mir auch erklärte, was ich beim Autofahren als falsch machen würde - wobei - ja, irgendwie pervers - so rückblickend betrachtet - eigentlich fuhr ja immer ich, weil er nicht mal nen Führerschein hatte.
Nach langen Jahren, in denen ich mich danach gerichet hatte, was mein Herr und Meister beliebte zu tun - oder nicht zu tun - wurde ich arbeitslos - und da ich laut AMS zu alt und zu überqualifiziert war, machte ich mich letztendlich selbstständig - und damit kam er dann nicht ganz klar - weil jetzt hatte ich öfter die Ausrede, dass ich ein Seminar hatte - und ihn nicht wieder stundenlang wo hin chauffieren konnte.
Das eine war dann eine Fahrt nach München - im Schneegestöber - als er nicht und nicht aufhörte - über das Wetter zu schimpfen - über meine Fahrweise - mal war ich zu schnell - mal war ich zu langsam - dann rutschten wir wieder etwas auf der schneeglatten Fahrbahn - und überhaupt und ausserdem, war ich doch unmöglich.
Und ich überlegte, einfach Gas zu geben und das Lenkrad aus zu lassen.
Warum ichs dann doch nicht tat? Wahrscheinlich Feigheit.
Dann der KretaUrlaub - wir mieteten für 3 Tage ein Auto, um die Insel zu durchstreifen - ich fuhr - eh klar, wer sonst - er war eigentich für das Lesen der Karte zsutändig - und dann waren wir auf einmal auf einer engen Serpentinenstrasse - mit Böschung nach oben und nach unten - und es ging immer höher - und der Asphalt weichte Schotter - und es war kein Ende in Sicht - gab auch keine Möglichkeit zu wenden - meine Panik wurde immer größer und seine Schimpferei und Flucherei immer lauter - das war der Moment, an dem ich beschloss, da dachte ich noch einmal dran, einfach Gas zu geben und zu schauen, was passiert - und wenn ich die nächste Kurve nicht schaffe hätte ich auch keine Sorgen mehr.
Letztendlich war mir klar, dass ich mir das nicht für den Rest meines Lebens geben werde. Und vor allem - nie wieder mit ihm in Urlaub zu fahren.
Dann das letzte Ereignis - wobei er da ja nicht mal dabei war - aber wahrscheinlich gerade deswegen - eine einwöchige Weiterbildung im Waldviertel - mit Gleichgesinnten - das Thema war spannend - die Zeit verging wie im Flug - und als die Seminarleiterin am letzten Tag beim Abschied
spielte - brach mein bis dahin mühsam aufrecht erhaltenes Konstrukt zusammen.
Ich heulte fast 2 Stunden und konnte einfach nicht aufhören - obwohl sie sich bemühte, mich wieder auf Spur zu bringen, damit ich zumindest "nach Hause fahren" konnte - wobei es das nur noch tragischer machte - ich wusste - so sehr ich meine FreundInnen mochte - so sehr ich die Eigentumswohnung liebte - so sehr ich jahrzehntelang mir nicht hatte vorstellen können, jemals meine Heimat zu verlassen - ich wollte da hin nicht wieder zurück müssen.
Aber ich hatte ja keine Wahl - was sollte ich tun? Wenn ich keinen Ehemann mehr hätte, der mir sagt, wie ich zu funktionieren habe? Ohne jemanden an meiner Seite, der mir sagt, wie ich die Haare schneiden lassen soll - und was ich an zu ziehen hatte - und wie ich mich in der Öffentichkeit zu benehmen hatte - zumindest, wenn er dabei war.
Ich gestehe, ich genoss es, während meiner Seminare so sein zu können, wie ich wirklich war - also doch noch sehr zurück haltend - im Vergleich zu jetzt - schüchtern und angepasst - fiepsig und absolut unsicher.
Stimmt nicht ganz - edv-technisch konnte er mir nichts erzählen, da wusste ich ganz genau, was ich tat - und da ließ ich mich von ihm auch nicht einschüchtern - da stand ich meine frau - aber mein echtes Leben war dominiert von ihm - dazwischen falweise von den Schuldvorwürfen meiner Eltern - vor allem meiner Mutter - und ausserdem war ich ja sowieso nichts wert - warum also weiter leben?
Ich weiß noch genau, es war noch vor Mittag, als ich mich auf den Heimweg machte - und ich hielt bei jeder Raststation auf dem Weg "heim" - überlegend, ob ich was Essen gehen sollte - oder einen Kaffee trinken - oder was auch sonst ...
Das war eigentlich das letzte Mal, dass ich überlegte, einfach "Schluss zu machen" - wobei ich wahrscheinlich eh nie den Mut - oder die Kraft - gehabt hätte, es zu tun - also so grundsätzlich - und nachdem ich merkte, dass ichs nicht kann, begann ich, nach Alternativen zu suchen.
Damals dachte ich, die Alternative in einem neuen Mann zu finden - er war so ganz anders - ich hatte das Gefühl, dass der mich sah - als mich - nicht als irgend ein gewohntes Anhängsel, dass eben immer da war, wenn man(n) sie für irgendwas brauchte.
Als ich da dann aber drauf kam, dass ich mir noch was ärgeres eingefangen hatte als die vorigen Male - verschwendete ich keinen Gedanke mehr daran, meinem Leben ein Ende zu setzen - aber mir war klar - viel früher als beim vorigen Mal - dass ich die Situation beenden musste - weil ich wieder mal an einem Punkt stand, wo es - für mich - nicht mehr weiter ging.
Und dann gab es nochmal eine Situation, wo ich mich verloren hatte - und wieder mal heulend heim fuhr - aber nicht, weil ich nicht nach Hause wollte, sondern - weil ich mein Leben wieder zurück wollte - und seither hatte und habe ich auch keine Ambitionen mehr, mir jemals wieder einen Partner zu zu legen.
Eigentlich war das sowieso nie wirklich "mein Ding" - es war eigentlich nur immer, weil ich aufgewachsen war in dem Glauben, dass eine Frau ohne Mann viel weniger - bis nichts - wert sei - daher hab ich mir das immer und immer wieder angetan - bis ich eben drauf kam, dass es mir persönlich ganz ohne viel besser geht ;-)
Also ab und zu brauch ich nen Elektriker oder nen Installatör - aber ich hab auch kein Problem, wenn da ne Frau kommt - da gehts eigentlich immer nur darum, dass etwas rapariert wird, was ich selbst nicht kann - ansonsten - ich genieße mein Leben - jegliche Todessehnucht ist schon lange verschwunden - wobei ich aber auch zugebe, dass ich jetzt keine panische Angst davor habe, irgendwann abtreten zu müssen.
Was ist es aber wert, am Leben zu bleiben? Mein Leben - meine Liebsten - mein Haus, Grundstück und mein TraumAuto - ich will das Alles noch recht lange genießen - einfach so - weil ichs mir wert bin - endlich ;-)
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